Einer der führenden Osteuropa-Historiker erklärt den Putinismus – und welch welthistorische Umwälzungen sich vollziehen.
Was in Russland passiert, ist Sache der Bürgerinnen und Bürger der Russischen Föderation. Andererseits ist es eine Zeit des Neu-Nachdenkens, des Neu-Bedenkens – und auch des Neu-Anfangens des Nachdenkens. Die Geschichte ist aber eher so gelaufen, wie sie der alte Schweizer Historiker Jacob Burckhardt betrachtete: dramatisch, wild, katastrophisch. Es hängt an Umständen, an Personen, an dem, was man in der Geschichtsschreibung «Kontingenz» nennt: Es müssen verschiedene Dinge zusammenkommen, die auf unserem Radarschirm der Zeit nach 1989 nicht vorgesehen waren. Wenn jetzt von «den Bösen» gesprochen wird, ist die Rückkehr einer Dimension von Gewalttätigkeit und Bösartigkeit gemeint, auf die ich und meine Generation nicht mehr gefasst waren. Im Westen ist derweil klar, wer für den Krieg in der Ukraine die Verantwortung trägt: Russland hat angegriffen, will die Ukraine völkerrechtswidrig beherrschen und begeht zahllose Kriegsverbrechen.
«Manchmal ziehe ich den Helm an. Dann fühle ich mich stark. Wie die Soldaten. Sie sind für mich wie Helden aus einem Film» - ein Jahr Krieg aus der Sicht von ...